Vom 15. Juli bis zum 2. August 1998 bin ich an Bord der Johann Smidt von St. Malo über Falmouth nach Lissabon gesegelt. Es war mein erster Törn an Bord eines Segelschiffs. Die Johann Smidt ist eines von vier Schiffen, das der Verein Clipper Deutsches Jugendwerk zur See e.V. betreibt.
An Bord der Johann Smidt haben wir – das sind sieben Mann
Stammbesatzung (Kapitän, Steuerleute, Maschinist und Koch) und 30 „Deckshände“ – am Cutty Sark Tall Ships‘ Race teilgenommen, das jedes Jahr von der ISTA (International Sail Training Association) ausgerichtet wird.
Das Rennen besteht immer aus zwei Teilrennen, die getrennt bewertet werden und die durchaus auch von unterschiedlichen Schiffen gefahren werden. 1998 führte das Rennen über eine Strecke von 740 sm von Falmouth nach Lissabon und in der zweiten Teilstrecke von Vigo in Spanien nach Dublin. Wir sind nur die erste Teilstrecke mitgesegelt.
Unsere Reise begann am 14. Juli mit einer Busfahrt von Hamburg nach St. Malo, wo wir am 15. Juli nachmittags die Johann Smidt von der Vorbesatzung übernahmen. Wegen des starken Tidenhubs, der das Auslaufen aus dem Hafen nur bei Flut erlaubt, sind wir dann auch gleich um zehn Uhr abends ausgelaufen und haben uns auf den Weg nach Falmouth gemacht. Der heftige Westwind im englischen Kanal hat uns zu einer guten Geschwindigkeit verholfen, aber auch seinen Tribut in Form der Seekrankheit bei einem Gutteil der Mannschaft gefordert.
Dieses Meer von Masten, Rahen und Tauwerk begrüßte uns am 16. Juli beim Einlaufen in den Hafen von Falmouth.
Unseren Liegeplatz im Hafen von Falmouth fanden wir neben der holländischen Swan van Makkum und der britischen Astrid. Hier ist schwer zu erkennen, was zu welchem Schiff gehört: die gelben Masten sind aber auch hier ein untrügliches Wahrzeichen unserer J. S. Neben uns machte dann noch die französische Yacht Pen Duick IV fest.
Zu den Aktivitäten, die in den drei Tagen vor dem eigentlichen Rennen stattfinden, und an denen alle Mannschaften teilnehmen, gehören diverse sportliche Wettkämpfe, wie Tauziehen, Drachenbootrennen, Gladiatorenkampf, aber auch ein Wettbewerb im Shantysingen. Höhepunkte waren die abschließende „Crews‘ Parade“ am Samstag, die uns quer durch Falmouth führte und eine erkleckliche Menge von Zuschauern anzog, und die von Princess Anne vollzogene Preisverleihung an die Gewinner der sportlichen Wettbewerbe.
Beim Drachenbootrennen in Falmouth gab die Mannschaft der Johann Smidt (auf Nr. 4), angetrieben von Swantje an der Trommel, ihre Bestes, konnte sich aber gegen die durchtrainierten Matrosen der mexikanischen Cuauhtemoc nicht durchsetzen.
Drachenbootrennen – Spaß hat es aber trotzdem gemacht!
Besuch an Bord – Es war eine erwünschte und oft geübte Praxis, daß sich die Regattateilnehmer gegenseitig besuchten, sich die Schiffe zeigten und sich über alle Sprachbarrieren hinweg verständigten und kennenlernten.
Die polnischen Schiffe Pogoria, Iskra und Dar Mlodziezy (v.l.n.r.) und ganz rechts die russische Kruzenstern. Alle vier Schiffe sind in die Klasse A der großen Rahsegler eingeordnet.
Die Kruzenstern ist mir irgendwie oft vors Objektiv geraten, aber sie ist ja auch ein schönes und beeindruckendes Schiff.
Spieren und Taue ohne Ende – wer soll da noch durchblicken?
Wantenspanner
Mitsegler der mexikanischen Cuauhtémoc geben ein Geburtstagskonzert für Christina.
Johanna und Annika an Bord der Astrid.
Am Sonntag, dem 19. Juli ging es dann endlich los – alle Schiffe verließen den Hafen, setzten ihre Segel und fuhren zu einer Parade in der Falmouth Bay auf. Die Parade wurde von Princess Anne abgenommen und führte an den vielen Hügeln der Falmouth Bay vorbei, die dicht mit Zuschauern besetzt waren. Aber auch zu Wasser waren Zuschauer unterwegs – jeder, der ein wie auch immer geeignetes Wasserfahrzeug hatte, schien damit unterwegs zu sein, um den Großseglern Geleit zu geben. Darunter waren viele den klassischen britischen Bootstypen nachempfundene Segelboote.
Ein klassischer Gaffelsegler.
Die Vielzahl der Boote und der erhabene Eindruck, den die Großsegler unter vollen Segeln boten, machte aus der Parade ein einmaliges Erlebnis.
Die französische La Recouvrance (nein, sie hat keine Kanonen hinter dem, was wie Geschützpforten ausssieht); ganz rechts sieht man noch den Bug der polnischen Zawisza Czarny.
Der Horizont ist voller Schiffe kurz vor dem Start des Rennens.
Die dänische Georg Stage (rechts) und die britische Astrid (?) (links).
Die britische Malcom Miller segelt in der gleichen Klasse wie die Johann Smidt und ist – ebenso wie ihr Schwesterschiff, der Sir Winston Churchill – eine ernstzunehmende Konkurrentin.
Die russische Mir bei der Parade in Falmouth.
Die polnische Dar Mlodziezy bei der Parade in Falmouth.
Die Alexander von Humbold (Mitte), die Kruzenstern (rechts) und die portugiesische Sagres (links).
Und nochmal die Alexander von Humbold, die Swan van Makkum (links) und die ??? (rechts).
Die Queen Elisabeth II ist extra einen Tag vor Anker gegangen, um ihren Gästen das Schauspiel der Parade nicht vorzuenthalten.
Am Nachmittag gingen dann alle teilnehmenden Schiffe über die Starlinie – jeder Teilnehmer hatte ein Startfenster von ca. 15 Minuten, innerhalb dessen er die Startlinie passieren mußte.
Heftiges Einsetzen war verantworlich für das Fahrstuhlfahren in den Kojen des Pumakäfigs ganz vorn im Bug. Katrin steht auf Ausguck und Klaus, unser Kaptein, kontrolliert den Bullen.
Ein wenig Krängung bei der Fahrt durch die Biskaya und Katrin steht an ihrem Lieblingsplatz und passt auf.
Delphine begleiten uns in der Biskaya immer wieder.
Andi, Antje und Ingo, unser erster Steuermann.
Johanna
Melanie, Swantje und Steffen im Seegarten
Hoch am Wind segelnd, zeigt die Johann Smidt hier Großsegel, Schoner, Fock und Klüver.
Die Segel der Johann Smidt aus einer etwas ungewöhnlichen Perspektive.
Die Wellen der Biskaya sehen auf dem Foto viel milder aus …
Unser Koch Roland genießt eine freie Minute.
Beim Segelwechsel ist der Einsatz der ganzen Wache gefragt.
Beim Setzen der Segel sind auch Hellmuth, einer unserer Steuerleute, und Antje voll im Einsatz. (Hoffentlich bleibt die Zunge dran!)
Wuddel
Kerstin
Christina – Abendstimmung an Bord
Sonnenuntergang in der Biskaya
Nach der Durchquerung der Biskaya sind diese Inseln vor Spanien die ersten Anzeichen von Land, die wir erblicken.
Die holländische Swan van Makkum gesehen durch den Rettungsring der Johann Smidt einen Tag vor dem Durchlaufen der Ziellinie.
Am 25. Juli um 20:59:57 passierten wir schließlich die Ziellinie, womit wir eine Gesamtzeit von 6 Tagen 6 Stunden und 47 Minuten benötigt hatten.
Die holländische Oosterschelde (hier bei der Parade in Falmouth) war die Gewinnerin in unserer Gruppe: sie fuhr am 26.07.98 um 11:35:00 über die Ziellinie. Damit hat sie zwar mit einer Gesamtzeit von 6 Tagen 21 Stunden und 20 Minuten über 14 Stunden länger als unsere Johann Smidt gebraucht, lag aber dank des für uns ungünstigen Time Correction Factors nach korrigierter Zeit 15 Minuten vor uns.
Nach dem Passieren der Ziellinie warfen wir vor Cascais den Anker. Am nächsten Morgen machten wir erst eine „Rundfahrt“ um alle anderen Segler herum, die dort ebenfalls die Nacht verbracht hatten.
Die Dar Mlodziezy auf Reede vor Lissabon
Die Esmeralda auf Reede vor Lissabon – und es gibt immer etwas zu malen, denn „Rost und Farbe halten ein Schiff zusammen“.
Danach segelten wir weiter südlich nach Sesimbra, wo wir im Fischereihafen die Nacht verbrachten. Auch die Oosterschelde und die Sir Winston Churchill trafen wir dort wieder. Natürlich nutzten wir die Gelegenheit, um bei einem ausgiebigen Landgang die eine oder andere Kleinigkeit in den vielen attraktiven Cafés und Fischrestaurants zu uns zu nehmen.
Am nächsten Morgen liefen wir dann in eine schöne Badebucht ein und warfen Anker, um zu baden und uns zu sonnen. Am darauffolgenden Tag brachen wir dann nach Lissabon auf.
Die Einfahrt in den Tejo
Antje und Christina beim Einlaufen nach Lissabon.
Vorort von Lissabon
Philip – alles gut aufgetucht?
Unsere Reise endete am Sonntag, dem 2. August mit dem Rückflug nach Deutschland.
Was für herrliche Impressionen Deiner Reise. Irgendwie war ich auf unterschiedlichen Segelevents bereits auf beinahe jedem der Großsegler.
Solche Bilder kann und darf ich mir eigentlich gar nicht ansehen. Dann zwiebelt mich mein ständiges Fernweh.
Ich weiß es genau: In meinem nächsten Leben werde ich zur See fahren 😆
Ich habe jetzt auch noch ein Foto gefunden, auf dem deine beiden „Lieblinge“, die Elisabeth und die Cuauhtémoc gleich hintereinander in Riga im Hafen liegen. Schau dir http://vilmoskörte.de/2008/03/22/sail-training-international-in-gosport/ an …
Die Queen Elizabeth ist ein häßlicher dicker Pott, vor allem, wenn man sie zwischen all den agilen Seglern sieht.
Ja, aber im Vergleich zu den heute gebauten Kreuzfahrtschiffen kann man sie eigentlich fast als schön bezeichnen.
Sehr schön zu lesen dein Beitrag, …hat mir gefallen.