Geschichtspark ehemaliges Zellengefängnis Moabit

Reisende, die ihr am Berliner Hauptbahnhof ankommt, gönnt Euch einen Besuch im direkt gegenüberliegenden Geschichtspark!

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Im Noch-Niemandsland rund um den neuen Hauptbahnhof zwischen Lehrter Straße und Tunnelmund ist seit 2003 dieser sehr gelungene Park entstanden, der an die Geschichte des Lehrter Zellengefängnisses erinnern will, das hier bis 1958 stand. Von der ursprünglichen Bebauung sind nur die Gefängnismauern und drei Wärterhäuser übriggeblieben.

Als erstes preußisches Zellengefängnis wurde es nach Plänen des Architekten Carl-Ferdinand Busse in den Jahren 1845-49 errichtet. Grundgedanke war, dass durch die strikte Einzelhaft in diesem neuen Gefängnistyp die Gefangenen eher von der “ansteckenden” Kriminalität geheilt würden als in den vorher üblichen Gemeinschaftszellen. So entstand hier ein Komplex mit 520 Einzelzellen. Die strikte Isolation war durchgängig bis zum Hofgang und setzte sich selbst in der Gefängniskirche fort. Was als Reform des Strafvollzugs gefeiert wurde, misslang völlig. Statt der Läuterung durch Selbsterkenntnis führte die völlige Isolation zu einer Reihe von Suiziden unter den Häftlingen.

Der Park deutet die ursprüngliche Bebauung an durch betonumrandete Rasenflächen, ein Kubus mit offenen Seiten versinnbildlicht die Nabe der sternförmig angeordneten Zellenfügel, eine nachgebaute Zelle und ein Freigangshofsegment aus Beton veranschaulichen die unmenschlichen räumlichen Bedingungen, unter denen die Gefangenen hier lebten.

In ehemaligen Gefängnis saßen viele prominente Gefangene ein: vom Schuster Voigt, als Hauptmann von Köpenick bekannt, bis zu den Widerstandskämpfern des Kreisauer Kreises und dem Schriftsteller Wolfgang Borchert.

Der Schriftsteller Albrecht Haushofer hat hier seine »Moabiter Sonette« geschrieben. Er wurde im April 1945 – wenige Tage vor der Befreiung Berlins – in der Nähe des Gefängnisses von SS-Männern ermordet. Ein Fragment aus seinem Gedicht »In Fesseln« ist in großen Lettern an den nördlichen Mauerabschnitt geschrieben:

»Von allem Leid, das diesen Bau erfüllt, ist unter Mauerwerk und Eisengittern ein Hauch lebendig, ein geheimes Zittern«

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Lehrter Straße/Invalidenstraße, gegenüber dem Hauptbahnhof, 10557 Berlin
Öffnungszeiten: 1. Apr – 30. Sep 8-21h, 1. Okt – 31. Mär 8-16h
www.glada-berlin.de

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