Focke-Windkanal in Bremen

Focke – der Name klingt irgendwie bekannt in meinen Ohren. Focke-Wulf – waren das nicht die Flugpioniere und Flugzeugbauer, von denen ich als technikbegeisterter Junge früher in solchen Jahrbüchern wie »Das neue Universum« gelesen hatte?

Focke-Windkanal

Und nun stehe ich in einem Windkanal, den Henrich Focke gegen Ende der 1950er Jahre eigenhändig gebaut hat. Aus einfachsten Materialien, die nicht viel kosten, und mit einfachsten, zum Teil selbst gebauten Werkzeugen. Mit der Erfahrung seines ganzen Berufslebens hat er hier einen aerodynamisch perfekten Windkanal gebaut. Das teuerste Stück, das er hat kaufen müssen und das fast die Hälfte des Etats von 12.000 DM verschlang, war ein Manometer zur Messung des Staudrucks. Ansonsten hat er es mit pfiffigen Ideen verstanden, teure Technik durch kostengünstige Lösungen zu ersetzen. So funktioniert die Konstruktion zur Messung der an den Modellen im Windkanal auftretenden Kräfte mit einfachen Küchenwaagen. Einen Strömungsgleichrichter baute er aus Ofenrohren. Einen über den Querschnitt des Kanals gleichmäßigen Staudruck erzielte er durch einen Vorhang aus Gardinenstoff mit vielen aufgesetzten Flicken unterschiedlicher Gewebestruktur.

Als Henrich Focke mit dem Bau begann, war er bereits Rentner. Und doch widmete er weiterhin einen Großteil seiner Zeit der Lösung aerodynamischer Probleme und dem Erlangen neuer Erkenntnisse. In seinem Windkanal war er fast täglich. Er stellte seine Forschungen erst im Alter von 85 Jahren ein. Nach seinem Tod fiel der Windkanal in einen Dornröschenschlaf.

Der Zahn der Zeit hinterließ jedoch in Form von eindringendem Wasser heftige Spuren am Gebäude und seinem Inhalt und der Windkanal wäre der völligen Vernichtung anheim gefallen, wäre nicht Kai Steffen, damals als Doktorand auf Recherche, über einen Hinweis auf ein »eigenes flugtechnisches Labor mit Windkanal« in Fockes Memoiren gefallen. Er stellte Forschungen nach dem Ort an und wurde 1998 fündig. Es sollte noch fünf weitere Jahre dauern, bis er genügend Spendenmittel für eine Renovierung einwerben konnte. Seit Anfang 2005 sind die Räume nun wiederhergestellt und schadhafte Teile des Windkanals repariert.

Der 2003 gegründete Verein »Focke-Windkanal e.V.« betreibt nun das wiederhergestellte Fluglabor als eine Art »produktives Museum«, denn man will dieses einmalige Technikdenkmal nicht nur bewahren und der Öffentlichkeit präsentieren, sondern den Windkanal auch durchaus wirtschaftlich nutzen, um die laufenden Kosten des Unterhalts zu decken. Durch die rührigen Aktivitäten des Vereins sind Fachkreise auf die Existenz des Windkanals aufmerksam geworden und haben Interesse gezeigt, hier Versuche zu machen.

Ich kann nur jedem, der sich für Technikgeschichte interessiert, empfehlen, dieses einmalige Museum zu besuchen, das in einem Hinterhof mitten in Bremen untergebracht ist, und an einer Führung teilzunehmen, bei der die technischen Einzelheiten fachkundig erläutert werden. Dabei und auf der Homepage des Windkanals gibt es noch viel mehr Interessantes zu hören und zu sehen, als ich hier auf diesem beschränkten Raum darstellen kann.

Besuch und Führung sind gratis, Spenden für Betrieb und Erhalt dieses technischen Denkmals nimmt der Verein gerne entgegen.


Emil-Waldmann-Straße 4, Im Hinterhof, 28195 Bremen
www.focke-windkanal.de
Öffnungszeiten: Jeden ersten Sonntag im Monat 12-17h, Führung jede volle Stunde (maximal sechs Teilnehmer), Sondertermine nach Vereinbarung

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