Kriminalgericht Moabit

Mehr als hundert Jahre wird in diesem sicherlich bekanntesten deutschen Gericht, das den Namen des Stadtteils Moabit in ganz Deutschland bekannt gemacht hat, schon Recht gesprochen. Kaiser Wilhelm II. ließ am 17. April 1906 die Eröffnung seines neuen Justizpalasts feiern.

Kriminalgericht

Eine Demonstration der Macht ist die gewaltige Eingangshalle, mit 29 Metern höher als das Brandenburger Tor, mit riesigen Treppen, bevölkert von einem Reigen allegorischer Frauenfiguren in Sandstein: Gerechtigkeit und Religion, Streitsucht und Friedfertigkeit, Lüge und Wahrheit stehen sich gegenüber.

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Entworfen haben das riesige Gebäude der Architekt Rudolf Mönnich, Baumeister etlicher Gerichte, und der Königliche Baurat Carl Vohl. Sie haben hier neue Ideen umgesetzt, indem sie die Wege für das Publikum von denen der Angeklagten trennte: über ein verzweigtes System unterirdischer Gänge und eigener Treppen bringen die Wachtmeister die Angeklagten direkt vom Untersuchungsgefängnis auf die Anklagebank.

Ein Jahr nach dem 100. Geburtstag wurde das Kriminalgericht nun schön herausgeputzt. Die düstere grau-schwarze Patina von etlichen Jahrzehnten der Umweltverschmutzung wurde entfernt, und die warmen Gelbtöne des Sandsteins können wieder strahlen. So wirkt die monumentale Architektur des Gebäudes mit seinen 60 Meter hohen Türmen und den rund 200 Metern Fassade allein zur Turmstraße fast freundlich, wenn die Sonne auf es scheint.

Kriminalgericht Moabit

Es ist, liest und hört man, mit 16.000 Quadratmetern Grundfläche das größte Gerichtsgebäude Europas. Sicher ist, dass es die größte Staatsanwaltschaft Deutschlands beherbergt und auch das größte Amtsgericht der Republik. Die größte Asservatenkammer Deutschlands findet sich ebenso wie ein Archiv mit vier Millionen Akten unter dem Dach des Gebäudes. Mehr als 1.500 Menschen arbeiten hier und um die 300 Gerichtsverhandlungen finden jeden Tag hier statt.

Es ist eine wahre Justizfabrik, eine Kathedrale des Rechts, ein Moloch, in dessen unendlichen Gängen, Treppen und Gebäudeteilen aus verschiedenen Epochen man sich – auch durch die nicht nachvollziehbare Systematik der Raumnummerierung – leicht verlaufen kann. So wird berichtet, dass einem Zeugen, der sich im Gebäude verirrt hatte und nach mehreren Kilometern Fußmarsch den Verhandlungssaal um mehr als eine halbe Stunde zu spät erreichte, ein saftiges Ordnungsgeld verpasst wurde.

Kriminalgericht

Die Geschichte des Kriminalgerichts spiegelt die gesellschaftliche Entwicklung wider: viele berühmte Prozesse fanden hier statt, so bereits 1906 gegen Wilhelm Voigt alias »Hauptmann von Köpenick«, die Bankräuber Gebrüder Sass aus der Moabiter Birkenstraße, den Schiedsrichter Hoyzer, den Kaufhauserpresser Arno Funke alias Dagobert, Fritz Teufel (»Wenn’s der Wahrheitsfindung dient«), Horst Mahler, Mitglieder der RAF, gegen die Mauerschützen und gegen Erich Honecker und Erich Mielke in Sachen »Regierungskriminalität« der DDR. Während der Nazidiktatur war das Gericht gleichgeschaltet, bewies 1997 andererseits aber im Mykonos-Prozess seine Unabhängigkeit von den politischen Machthabern.


Turmstraße 91, Moabit, 10559 Berlin
+49 30 9014-0
www.berlin.de
Öffnungszeiten: Mo, Di, Do 8.30-15h, Mi, Fr 8.30-13h

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2 Antworten auf „Kriminalgericht Moabit“

  1. Auch der Herr Klaus-Rüdiger Landowsky, einer der wichtigsten Männer West-Berlins saß hier auf der Anklagebank, auch wegen einer Art “Regierungskriminalität”. Ist der nun eigentlich freigesprochen?

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