Russische Kolonie 1, 14469 Potsdam
Als indirekte Spätfolge der Befreiungskriege entstand in den Jahren 1826 und 1827 die Siedlung Alexandrowka im Norden Potsdams. König Friedrich Wilhelm III. ließ sie für russische Soldaten anlegen, die 1812 ursprünglich als Kriegsgefangene nach Preußen gekommen waren, als das besetzte Preußen gezwungen war, an der Seite von Frankreich gegen das eigentlich befreundete Russland in den Krieg zu ziehen. 62 der gefangenen Soldaten wählte der König für einen russischen Chor aus, der das Regiment und den König unterhalten sollte. Nachdem die Franzosen zwei Jahre später besiegt waren, blieben die Soldaten-Sänger – die Leibeigene des Zaren waren – als Schenkung von Alexander I. in Potsdam.
Nach dem Tode seines Freundes Alexander I. beauftragte der König 1825 Peter Joseph Lenné damit, eine Siedlung nach dem Vorbild russischer Soldatendörfer für die noch verbliebenen zwölf russischen Sänger anzulegen:
»… als ein bleibendes Denkmal der Erinnerung an die Bande der Freundschaft zwischen Mir und des Hochseeligen Kaisers Alexander von Rußlands Majestät, bei Potsdam eine Colonie zu gründen, welche ich mit den, von Seiner Majestät mir überlassenen Russischen Sängern als Colonisten besetzen und Alexandrowka benennen will.«
Als Grundform des Dorfes wählte Lenné ganz symbolträchtig das Oval eines Hippodroms, in das ein Andreas-Kreuz eingelassen ist. Die Form des Hippodroms gilt seit der französischen Revolution mit der Anlegung des Pariser Marsfeldes als Freiheitssymbol, und der Apostel Andreas ist der Schutzheilige der Russen.
Die Erstellung der Häuser übertrug der König dem Hauptmann Snethlage, Kommandeur der Garde-Pionier-Abteilung. Als Vorbild für die Anlage diente wohl das ab 1815 entstandene Parkdorf Glasowo bei Pawloswk, für das der italienisch-russische Architekt Carlo di Giovanni Rossi die Pläne lieferte. Da Glasowo mittlerweile nicht mehr existiert, ist die Alexandrowka wohl das einzig verbliebene russische Kunstdorf, dessen Häuser zudem alle noch aus der Ursprungszeit stammen. Zur Siedlung gehören auch noch die Alexander-Newski-Kapelle und das königliche Teehaus, die etwas abseits auf dem Kapellenberg stehen.
Insgesamt wurden dreizehn Häuser gebaut, zwölf für die Kolonisten und eines in der Mitte für den Aufseher, das heute die “Russische Teestube” beherbergt. Jedes Haus war mit dem kompletten Hausstand und einem großen Garten versehen, so dass sich die neuen Bewohner selbst verpflegen konnten. Häuser und Grundstücke durften nicht verkauft werden, sondern nur an männliche Nachkommen vererbt werden. Der letzte direkte männliche Nachfahr der ursprünglichen Kolonisten ist erst vor einigen Jahren verstorben.
Die Siedlung, die zum Zeitpunkt des Mauerfalls in einem sehr schlechten Zustand war, wurde mit erheblichem Aufwand wieder in den annähernd ursprünglichen Zustand versetzt. Dazu gehörte auch die Wiederherstellung der landwirtschaftlich genutzten Flächen und insbesondere der historischen Obstpflanzungen, die Lenné seinerzeit mit Obstbäumen aus seiner Potsdamer Baumschule beschickt hatte. Sie dienten auch als Anschauungsobjekt für eine mustergültige Obstkultur, die im Rahmen der Agrarreformen zur Beförderung der Agrarkultur in Preußen gedacht war. Heute stehen wieder um die 1000 Obstbäume rund 550 verschiedener, durchweg historischer Sorten: Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen. Einige wenige Bäume sind noch aus der ursprünglichen Bepflanzung erhalten.
1999 wurde das Dorf in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
Ich war schon mehrmals dort. Eine schöne Filmkulisse!