Abenteuer Deutsche Bahn

Fast kein Unternehmen eignet sich in diesen Tagen für einen Berliner besser zum Draufschlagen als die Deutsche Bahn. Die Unbilden des Nichtfunktionierens eines wichtigen Nahverkehrsmittels erfährt man derzeit täglich in der Hauptstadt, wo die Raffgier eines Staatsunternehmens die Berliner S-Bahn in das ziemlich totale Versagen fuhr. Die angeblich Schuldigen sind geschasst und alle anderen beeilen sich darzulegen, dass nicht das Gewinnstreben, das Ausdünnen der Werkstätten, das Personaleinsparen usw. an der misslichen Lage schuld seien. Kein Paradebeispiel für »Deutschland – Land der Ideen«.

Wie dem auch sei. Nichts Böses ahnend machte ich mich gestern dienstlich auf den Weg nach Paderborn – morgens hin, abends zurück, das sollte doch gehen. Es geht – aber es bleibt wenig Zeit in Paderborn, denn die Bahn braucht glatte vier Stunden für die rund 400 km. In Hannover ist man ja dank ICE in etwas mehr als 1½ Stunden, aber dann braucht es für die restlichen 100 km noch mal fast zwei Stunden. Zwischen Hannover und Paderborn fährt nämlich nur eine S-Bahn. Für Berliner in diesen Tagen ein böses Omen. Und in der Tat, nach 20 Minuten Warten steht auf der Abfahrtstafel „ca. 10 Minuten später”. In entgegengesetzter Richtung soll die S-Bahn gar 30 Minuten Verspätung haben, da ist man ja schon froh, dass man nur mit 10 Minuten zu rechnen hat.

Verspätung
ca. 10 Minuten später

Bis der Zug dann losfährt, sind es 15 Minuten geworden. Weit kommen wir jedoch nicht, nur zwei Stationen später – noch in Hannover – heißt es: „Bitte alle aussteigen, der Zug endet hier“. Klasse. Dann wird noch mitgeteilt, dass es nun wegen eines Oberleitungsschadens mit dem berühmt-berüchtigten Schienenersatzverkehr weiterginge, die Busse würden schon bereit stehen. Nur bis Weetzen, da könne man wieder in die S-Bahn einsteigen. So lernt man also bei der Busfahrt die ländliche Umgebung von Hannover kennen, schöne niedersächsische Bauernhöfe stehen hier, Fachwerk mit Ziegeln.

In Weetzen dann keine S-Bahn. Denn die nächste fährt nach Plan pünktlich ab, und zwar eine Stunde später als die, mit der ich ursprünglich hätte fahren sollen. Bis zur Abfahrt sind es aber inzwischen auch nur noch 20 Minuten. Die S-Bahn kommt dann aus Paderborn und bleibt mit offenen Türen im Bahnhof stehen. Die gerade Angekommenen ahnen noch nichts von ihrem Glück, gleich mit dem Bus durch die niederdeutsche Tiefebene gekarrt zu werden, und bleiben, der Überzeugung voll, dass sie gleich nach Hannover weiterführen, auf ihren Plätzen sitzen. Keine Durchsage. Nichts. Weder im Zug, noch auf dem Bahnsteig, wo die Gestrandeten stehen, die nach Paderborn wollen. Irgendwann kommt dann mal ein junger Mann mit DB-Uniform und ruft in den Zug, dass die Fahrt nicht weiterginge und alle in den SEV umsteigen müssten.

Schienenersatzverkehr
Schienenersatzverkehr

Nachdem alle mit Fahrtziel Hannover aus- und die mit Ziel Paderborn eingestiegen sind, kommt dann seltsamerweise die dazu passende verspätete Ansage und auf dem Anzeiger erscheint ein verschämtes “Zug endet hier”.

Bhf Weetzen
Zug endet hier

Stur nach Fahrplan geht es dann mit einer Stunde Verspätung weiter. Ein Schaffner, Zugbegleiter, Fahrkartenkontrolleur lässt sich auf der ganzen Fahrt nach Paderborn nicht blicken. Angst vor Volkes Zorn?

Die Informationspolitik der Bahn ist wie üblich bescheiden. Zwar ist Stunden nach dem Auftreten der Störung der SEV gut organisiert, aber niemand scheint zu wissen, was eigentlich los ist. Und vernünftige Ausweich-Empfehlungen werden auch nicht ausgesprochen. Ich hätte nämlich, wie ich später feststellte, auch mit einem anderen Zug auf einer anderen Strecke über Bielefeld nach Paderborn fahren können und wäre nur 10 Minuten statt einer Stunde später angekommen.

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2 Antworten auf „Abenteuer Deutsche Bahn“

  1. Das Leben in vollen Zügen genießen…
    Die Bahn und ich werden keine Freunde mehr. Murphy-mäßig ziehe ich Verspätungen, Zugausfälle, verpasste Verbindungen und technische Schäden an. Oder ist das die Regel ?
    Für meine Reisen nach Wien nehme ich inzwischen den Flieger: der ist billiger, braucht nur ein Siebtel der Zeit und ist auch noch pünktlich.
    Aber auch die ÖBB steht ihrer deutschen Schwester in nichts nach. Beispiel Beratung.Für die Fahrt von Wien in die europäische Kulturhauptstadt Linz empfahl die Dame am Schalter, das Ticket am Automaten zu ziehen, das sei billiger. Hin und zurück: 62 Euro. Erst in Linz erfuhren wir eher zufällig, dass es ein Kultur-Ticket gibt – für 29 Euro. Zuständig für die Beschwerde fühlte sich niemand, am Informationsschalter hieß es schnippisch “Ich bin der Informations- und nicht der Beschwerdeschalter”. Jetzt ist daraus ein offizieller Vorgang geworden, mit Formular und Dienststempel. Ich bin gepannt, wann ich die Differenz erstattet bekomme – und wieviel Bearbeitungsgebühr
    die ÖBB, die das Ganze verbockt hat, abziehen wird.

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