Berlin liegt im Osten. Und eigentlich auch ein bisschen an der Ostsee. Jedenfalls ist man schnell dort, mit dem Auto oder mit dem Zug (mit dem Brandenburg-Ticket für 27 € fahren fünf Menschen nach Stettin und zurück, und das sogar schneller als mit dem Auto). Gemütlicher und langsamer geht es mit dem Schiff. Segeln kann man zwar auf den kanalisierten Flüssen Havel und Oder und den Kanälen nicht, aber unter Motor schafft man die rund 160 km nach Stettin gut in zwei Tagen. Einige Schleusen und das Schiffshebewerk Niederfinow liegen auf dem Weg, das bringt Abwechslung in die streckenweise doch etwas eintönige Tuckerei.
Vom Stößensee geht es auf der Havel durch die Spandauer Schleuse in den Niederneuendorfer See, an Hennigsdorf mit seinem Stahlwerk und den großen Schrotthalden, vorbei über Oranienburg, bis die Havel bei Liebenwalde nach Norden abzweigt und wir auf dem Oder-Havel-Kanal bleiben. Durch den Lehnitzsee geht es zur Lehnitzschleuse, die unter Sportschiffern nicht gut gelitten ist, da man hier in der Regel lange warten muss, bis man geschleust wird. Wir aber hatten Glück und durften sogar – was hier ganz und gar unüblich ist – mit der Berufsschifffahrt in die Schleusenkammer.
Nach der Lehnitzschleuse fährt man etliche Kilometer durch Wald und Wiesen, was schon etwas eintönig werden kann, lässt Eberswalde rechts liegen und erreicht das Schiffshebewerk Niederfinow, wo es vom Barnim zum nördlichen Ende des Oderbruchs sechsunddreißig Meter abwärts geht.
Auch hier mussten wir nicht lange warten, der Trog war oben und der Schleusenwärter, der uns hatte kommen sehen, wartete netterweise auf uns, bevor er den Trog hinunterfuhr, um ein unten wartendes Frachtschiff heraufzuhieven. So waren wir das einzige Schiff im Trog.
Auf dem Oder-Havel-Kanal bei Liepe
Auf der Alten Oder bei Oderberg
Im Oderbruch direkt hinter dem Hebewerk erstreckt sich eine ganz wunderbare Fußlandschaft mit Blick auf die sanften und im Mai satt grünen Hügel der Oderberge. Vorbei an den den Orten Liepe und Oderberg, wo der Kanal in die Alten Oder übergeht, erreicht man bald das untere Ende des Oder-Havel-Kanals. Hier liegt die Schleuse Hohensaaten, ein Wasserbauwerk aus den 1960er Jahren, vor der wir die Nacht verbrachten und einen Spaziergang zur nahegelegenen Oder machten, in deren Auen die Frösche ein gewaltiges Abendkonzert veranstalteten (und die Mücken dankbar für das frische Blut waren).
Abendstimmung an der Schleuse Hohensaaten
Am nächsten Morgen ging es dann früh durch die Schleuse in die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße und damit in den Nationalpark Unteres Odertal. Zwischen diesem 1926 fertiggestellten Kanal und der ein wenig östlicher verlaufenden Oder erstreckt sich eine Wiesen- und Auenlandschaft, die von vielen Wasserläufen der alten Oder durchzogen. Diese Polder werden bei Hochwasser geflutet und nehmen große Mengen Wasser auf. Bei Friedrichsthal endet der Kanal und mündet in den westlichen der beiden Oderarme.
Polderlandschaft an der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße
Nach einem vergleichsweise kurzen Stück auf der Oder verlässt man kurz hinter der früheren Hansestadt Gartz die Uckermark (und damit auch Deutschland) und ist bald darauf auch schon in Stettin mit seinen scheinbar endlosen Hafen- und Industrieanlagen.
Die zweite Nacht verbrachten wir im Hafen der Marina Gocław am nördlichen Rand von Stettin. Dort stellten wir noch am gleichen Tag den Mast, denn die beiden weiteren Brücken auf unserer Fahrt würden Klappbrücken sein. Und mit gestelltem Mast lässt’s sich besser segeln.
Mit gestelltem Mast in der Marina Gocław
Fortsetzung: Haff, Uecker, Peenestrom.
Bin sehr gespannt auf Teil 2 und seine Bilder.
Die Ruhe vor dem Hochwasser.
Gib Nachricht, falls wir Brot vorbeibringen sollen. Darf man in den Oderarmen segeln?
Wir kennen doch alle Rainald Grebe: “Nimm was zu essen mit, wir fahrn nach Brandenburg”. Wenn der Wind richtig steht und das Boot nicht zuviel Tiefgang hat oder man ein Kormoran ist, kann man auch in den Oderarmen segeln.
Klingt nach dem richtigen Ausflug, wenn man viel Zeit zum im Kreis denken braucht. Schöner spartanischer Luxus!
“Spartanischer Luxus” ist die treffende Beschreibung. Im Grunde braucht es dann doch wenig, um zufrieden zu sein.
Und wo ist das Hochwasser, das wir seit Tagen in den Nachrichten sehen ? Habt ihr der Flut ein Schnippchen geschlagen ?
Wir hatten insofern Glück, als dass wir einige Tage vor der Flut unterwegs waren, ansonsten hätte unsere Überführung einfach nicht stattfinden können.