In der alten Heimat, dort, wo ich Kind war, gibt es Dinge, die ganz besonders sind. Es sind lokale Spezialitäten, die ich erst schätzen lernte, als ich schon lange weg war. Einige davon muss ich bei meinen gelegentlichen Besuchen einkaufen und in die neue Heimat exportieren, denn sie sind in Berlin und anderswo nicht oder nur als wenig gelungenes Surrogat zu bekommen. Neben geräucherter Blutwurst und Rheinischer Schinkenwurst gehört unbedingt niederrheinisches Schwarzbrot dazu. Verpackt ist dieses Brot klassischerweise in Silberpapier, auf dem der Bäcker stolz seinen Namen und die Zutatenliste vermeldet.
Bedauerlicherweise nimmt die Zahl der Handwerksbetriebe, die dieses wunderbare Brot herstellen, stetig ab, so dass man schon danach suchen muss. Bei meinem letzten Einkauf auf dem Rheydter Wochenmarkt sprach ich die Bäckersfrau darauf an, sie meinte, dass vor allem die Zahl der Leute, die dieses Brot noch kennen und danach fragen, ständig abnehme.
Das Besondere an diesem Brot
Rund um Mönchengladbach bezeichnet man mit Schwarzbrot ein herzhaftes Vollkornbrot. Was aber macht niederrheinisches Schwarzbrot so besonders? Es wird aus wenigen Zutaten gebacken: Roggenvollkornschrot, Sauerteig, Wasser, Salz. Manche Bäcker fügen – quasi als Anleihe bei der westfälischen Pumpernickelfraktion – noch etwas Zuckerrübensirup hinzu, was das Brot etwas dunkler und auch feuchter macht. Dunkler und etwas aromatischer wird das Brot auch durch die Zugabe von Röstmalz.
Gebacken wird das Brot freigeschoben als Laib von zwei bis drei Kilo, der beim Backen eine schön glänzende Oberfläche bekommt. Aber das sieht man nur, wenn man den ganzen Laib kauft; in der Regel kommt das Brot sehr dünn geschnitten in der Pfundpackung in den Handel.
Mit dem saftigen, feuchten, in der Regel nicht freigeschoben gebackenen Vollkornbrot, das man allerorten im Supermarkt findet, hat dieses Brot nichts gemein.
Hier liegt, wie man schon durch bloßes Anschauen erkennt, wirklich Korn an Korn, das Brot ist fest und relativ trocken und nötigt dadurch der Kaumuskulatur einige Arbeit ab. Aber die leiste ich gerne, denn der Geschmack ist es mehr als wert. Dazu tragen auch die sogenannten „Stippen“ bei, unverquollene Schrotkörner, die nach dem Backen als weiße Punkte sichtbar bleiben. Wobei das Brot, obgleich die Verwendung von Sauerteig solches nahezulegen scheint, kein bisschen sauer schmeckt. Am liebsten mag ich es mit gutem mittelalten bis alten Gouda belegt. Dazu ein leckeres Alt – eine durch und durch regionale Delikatesse! Auch Schmalz – am besten ebenfalls aus handwerklicher Produktion – ist in der kühlen Jahreszeit ein hervorragend passender Aufstrich für dieses deftige Brot.
Wo es dieses Brot gibt
Das Verbreitungsgebiet dieser niederrheinischen Spezialität scheint mir ähnlich beschränkt wie das der Grillagetorte – wo auch immer ich im Rheinland außerhalb von Mönchengladbach dieses Brot gekauft habe, war es doch anders als erwartet. Jenseits der Grenzen des Rheinlands ist das Brot sowieso ganz anders, auch wenn es sich rheinisch nennt. Selbst Bäcker Süpkes Rheinisches Schwarzbrot, das sicher gut schmeckt, ist etwas ganz anderes, wie man schon auf seinen Bildern erkennt. Und wenn ich die Zutatenliste der Bio-Bäckerei Kaiser aus Mainz lese, wird mir ganz blümerant.
Rezepte
Im Word Wide Web findet man etliche Rezepte für rheinisches Vollkornbrot, eher selten jedoch solche für die niederrheinische Variante. Recht dicht dran scheint mir das Rezept für niederrheinisches Schwarzbrot auf zeitlos-brot.de, wobei mich der Einsatz von Hefe etwas wundert. Allerdings habe ich auch noch nicht versucht, ein niederrheinisches Schwarzbrot selbst zu backen.
Hanns-Martin-Schleyer-Straße 43, 41199 Mönchengladbach-Güdderath
02166 1305253
www.schwarz-brot.de
Die Heimat ruft. Rheinisches Schwarzbrot mit Käse, Marmelade und ein helles Brötchen als Sandwich kann schon verführen.
Das ist überhaupt der Hit: eine halbe Scheibe Schwarzbrot, Käse und ein halbes Brötchen.
Soll ich dann einen Koffer voll mitbringen, demnächst?
Wenn du einen guten Bäcker hast (wovon ich ausgehe), dann wären ein, zwei, drei Pfund sehr willkommen.
Wenn das so ist, würde ich es probieren. Das Saure, das so ähnlich aussieht, mag ich nämlich keineswegs.
Dann komm doch mal auf einen Biss in die “alte Berliner Heimat”, noch ist Schwarzbrot da!
Nostalgische Erinnerungen… 🙂 Ich habe als Kind die westfälische Variante des Pumpernickels kennengelernt. Am liebsten aß ich das Brot mit Butter und Zuckerrübensirup oder mit Butter, gesalzenen Tomatenscheiben und kleingehackten Zwiebeln. Ab und zu habe ich heute auch noch Appetit auf dieses Brot.
Einfach nur mit Butter und etwas Salz ist es auch schon sehr lecker – das Pumpernickel und das Schwarzbrot.
Genieße es!
“blümerant”, was für ein tolles Wort!
(und auch das Brot klingt spannend)
Und wenn du erst mal die Herkunft dieses Wortes nachschlägst …
Hab ich, hab ich! 🙂
Lecker alles! In Berlin gibt es zwar auch gute Blutwurst, aber das mit dem Schwarzbrot ist schon nicht mehr so einfach…
Gruß! M.
Ich habe es immer noch nicht zum Blutwurstritter geschafft, aber seine Blutwurst gibt’s in der Zunftwirtschaft in der Arminiushalle. Und sie schmeckt gut!
Zum Blutwurstritter geh ich gern mit dir mit.
Oh! Eine schöne Sache!
Also, an dem Brot würde ich mich beteiligen. Pumpernickel mag ich; diese Variante interessiert mich sehr. Und das Mainzer Brot: Naja. Als Schwarzbrot geht das wohl nicht durch, aber immerhin isses rheinisch. .)
Dieses Schwarzbrot ist auf unserem Frühstücktisch so selbstverständlich, dass ich gar nicht darauf gekommen wäre, es als etwas Besonderes anzusehen. Dazu muss man wahrscheinlich mal anderswo gelebt haben.
Gute Blutwurst bekomme ich im näheren Umkreis nicht mehr, also die, die beim Braten außen kross wird und innen nicht matschig oder gar in der Pfanne zerläuft, weil so viel Gelatine drin ist. Der Metzger, der sie hergestellt und so vorzüglich gewürzt hat, ist bei einem Autounfall um Leben gekommen. Jetzt gibt es die vorzüglichen Wurstwaren seines Marktstandes einfach nicht mehr. Ich kannte den Mann nicht persönlich, aber er fehlt.
Vielleicht deckt sich das Verbreitungsgebiet doch mehr oder weniger mit dem der Grillagetorte?
Ich glaube schon, es wäre interessant, den Zusammenhang herauszufinden.
Für mich ist diesmal wohl leider kein Pröbchen mehr übrig?
Da musst du wohl mal wieder nach Moabit kommen … Und das recht bald, sonst ist es aufgegessen.
Ich wurde im östlichen Verbreitungsgebiet des Paderborner Landbrots geboren, das gab es häufiger als Pumpernickel, was ich selber am liebsten mit Butter und Schnittlauch esse.
Zum Blutwurstritter würde ich auch mal mitkommen!
Pumpernickel mit mittelaltem bis altem Gouda und Fassbutter ist ein Gedicht. Die ehemalige Gaststätte Hellersberg in Oberhausen servierte zu einem scharfen Muschelgericht immer eine Scheibe Pumpernickel mit. Mit Westfälischem Schinken, zart im Geschmack, und einer Gewürzgurke – auch das.
Immer noch ein Lieblingsessen: Schwarzbrot mit Gänseschmalz und Kochkäse.
Auf der Suche nach niederrheinischem Schwarzbrot um es online zu kaufen kam ich auf Ihre Seite. Mein Bruder, der noch in MGL wohnt, aber nicht motorisiert ist hat in seiner Gegend keinen Bäcker mehr, der das niederrheinische Schwarzbrot herstellt, und kann von daher mir kein Schwarzbrot mehr schicken. Ich lebe schon lange Zeit in Ostwestfalen. Das Schwarzbrot gibt es ja sonst nirgends und als Kind war immer ein halbes Brötchen mit Wurst, Apfelkraut, Käse und Schwarzbrot normaler Alltag.
Zu Geburtstagen bei den Großeltern gab es einen Einkochkessel voll mit Fett Brötchen/Schwarzbrot und dann noch gekochten Schinken.Sie wurden am Tag vorher geschmiert und ich glaube sogar mit guter Butter und dufteten auch so gut. Die Großeltern hatten ja Krieg mitgemacht und für sie war das auch ein besonderes Fest, wenn dann auch die Eifeler Verwandtschaft aus Belgien und Luxemburg zu Besuch kam. Dazu gab es noch Kartoffelsalat.
Eine andere Erinnerung ist:
Aus den letzten Winterkartoffeln wurden Reibekuchen gemacht, ganze Schüsseln voll und diese wurden mit Apfelkraut und Schwarzbrot um die Wette gegessen.
Ebenso liebe ich es zur Muschelzeit das einfach mit Butter geschmierte Schwarzbrot zu den Muscheln zu essen.
Nun habe ich in einer der Bäckereien Schwarzbrot bestellt und bin mal gespannt wie gut es schmeckt.
Verstehe nur nicht…es gibt doch noch so viele ältere Menschen am Niederrhein, essen die das nicht mehr?
Es ist total gesund. Habe es früher meinen kleinen Kindern zum Kauen gegeben, wenn die Zähnchen durch brechen wollten.
Einen schönen Gruß aus dem Weserbergland an den Niederrhein
Uschi Fuchs