Havelwerk

In der Spandauer Wasserstadt, unweit der Spandauer Nordbrücke steht ein schlicht-schönes Gebäude aus Klinkern inmitten der neu gebauten Wohnblöcke. Es füllt gleich ein ganzes Karree zwischen den nach Sigmund Bergmann, Hugo Cassirer und Hans Poelzig benannten Straßen. Wobei die Straßennamen auch gleich einiges über das Gebäude erzählen: Hans Poelzig war sein Architekt, und es wurde in den Jahren 1928-1929 als neuer Produktionsstandort der Märkischen Kabelwerke des Berliner Unternehmers Hugo Cassirer gebaut. Der Unternehmer und Erfinder Sigmund Bergmann schließlich war Gründer der Bergmann Electricitäts-Werke Aktien-Gesellschaft, eines Vorgängers der Bergmann Kabelwerke, die der letzte industrielle Nutzer des Gebäudes waren.

Kabelwerk Cassirer
Blick auf das Lagergebäude an der Nordseite

Die Fertigungshalle mit einer Größe von circa 120×80 Metern ist ein reiner Zweckbau, dessen architektonische Gestaltung ganz der Funktion als Kabelwerk folgt. Die dem Produktionsprozess angepassten verschiedenen Höhen der Gebäudeteile – im Westen bei 4 Meter beginnend und nach Osten, zur Havel und damit zur Verladestelle hin, auf 6,50 Meter ansteigend – kann man gut an der südlichen Fassade ablesen. Im Norden sind ein Lagergebäude und im Westen ein Verwaltungstrakt – beide zweigeschossig ausgeführt – der Produktionshalle angegliedert und überragen sie leicht.

Kabelwerk Cassirer
Die Südseite lässt die dem Produktionsprozess angepasste Höhenstaffelung erkennen

Gestaltungsfreiraum hatte Poelzig im Wesentlichen wohl nur bei der Außengestaltung der Fassaden der Halle, hier verwendete er Felder von rotbraunen Klinkern, die in Rahmen von dunkelviolett-schwarzen Klinkern gefasst sind. So ergibt sich ein sehr schlichtes, aber durchweg harmonisches Erscheinungsbild dieses Industriebaus, was auch Theodor Heuss, der ein guter Freund Poelzigs war, dazu veranlasst haben mag, dem Bau „gute Proportion, nicht mehr, aber damit das Entscheidende“ zu attestieren. Das fehlende „Mehr“ ist vielleicht auch dafür verantwortlich, dass das Havelwerk nicht die gleiche Anerkennung fand wie andere Bauten Poelzigs.

Bis 1993 produzierten die Bergmann Kabelwerke hier Kabel, 1997 ging das Werksgelände an die Entwicklungsgesellschaft Wasserstadt GmbH. Nach Renovierungen wurde die Halle (und wenige andere verbleibende Gebäudeteile, wie das heute als Café genutzte Pförtnerhäuschen) 2001 unter Denkmalschutz gestellt. Seit 2010 nutzt die Stiftung Stadtmuseum Berlin den gesamten Hallenbau als Museumsdepot.


Ehem. Märkische Kabelwerke & Kabelwerk Dr. Cassirer und Co. AG

Hugo-Cassirer-Straße 44, 13587 Berlin-Hakenfelde
Eintrag in der Berliner Denkmaldatenbank

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