Hitzefrei

Michael Sailstorfer hat mit den Räumen der 2004 profanierten Kirche St. Agnes, die heute die Galerie König beherbergt, einen wunderbaren Ort für seine Ausstellung Hitzefrei gefunden.

Unmittelbar nachdem man die frühere Kirche betreten hat, fällt der Blick auf die im Treppenhaus aufgeschichteten Holzscheite. Sie dienen, so versteht man später, wenn man den Ausstellungsraum im früheren Kirchenschiff in der ersten Etage betritt, als Heizmaterial für die Öfen, die in den sechs schwarz lackierten Autokarosserien den Platz der Motoren eingenommen haben. Eine angenehme Wärme empfängt den Eintretenden, der Geruch brennenden Holzes zieht durch den Raum, ein leises Knistern lässt sich vernehmen, wenn man an einen der Brenner – so auch der Titel von Sailstorfers Werk – herantritt. Fest stehen die Karossen auf Montageschienen, die freigesetzte Energie dient nicht der Fortbewegung sondern entströmt größtenteils ungenutzt durch die langen Ofenrohre gen Himmel. Eine junge Frau, die zum Kunstwerk zu gehören scheint, läuft regelmäßig von Karosse zu Karosse und legt neue Holzscheite nach.

Eine Etage höher, in einem Raum im Turm, ist die Videoarbeit Traenen zu sehen. Steigt bei Brenner der Rauch zum Himmel auf, fallen bei Traenen Abrisskugeln in Tropfenform vom Himmel herab und zerstören nach und nach ein Haus. Trotz der realen Gewalt wirkt das Ganze märchenhaft: Die blauen Tropfen scheinen nach unten zu schweben, entfesseln aber doch gewaltige Kräfte.

Die Ausstellung ist noch bis zum 12. März zu sehen, die Galerie ist Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet.


St. Agnes wurde in den Jahren 1965 bis 1967 nach Plänen des Architekten und damaligen Senatsbaudirektors Werner Düttmann im Stil des Brutalismus erstellt. Der Galerist Johann König pachtete des Kirchengebäude 2012 und ließ es nach Plänen der Berliner Architekten Arno Brandlhuber, Markus Emde und Thomas Burlon als Galerie umbauen. Dabei wurde eine fast schwebend anmutende Zwischendecke aus Beton in das Kirchenschiff eingezogen. Beton, Rauputz, Ziegelsteine und Holz sind die Materialien, die sich dem Besucher zeigen.


König Galerie

Alexandrinenstraße 118-121,
10969 Berlin
030 26103080
koeniggalerie.com

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