An diesem Tag hatten wir gegen sieben Uhr morgens die rund 50 km breite Einfahrt des Scoresby Sund (grönländisch: Kangertittivaq) erreicht. Namensgeber ist sein Entdecker William Scoresby, ein englischer Walfänger und Forscher, der um 1822 die Ostküste Grönlands um diesen Fjord herum relativ genau kartierte. Erst 1892 erfolgte die Erforschung und detailgetreue Kartierung des inneren Fjords durch den dänischen Polarforscher Carl Ryder.
Ittoqqortoormiit
Gleich am Eingang des Scoresby Sunds liegt in einer Bucht eine von zwei Siedlungen, die sich an der Ostküste Grönlands befinden: Ittoqqortoormiit (dänisch: Scoresbysund – ohne Zwischenraum ist’s der Name des Orts, mit der Name des Fjords).
Ittoqqortoormiit ist die isolierteste Siedlung Grönlands. Der nächstgelegene bewohnte Ort befindet sich in Island und ist fast 500 km entfernt. Allerdings befindet sich in ca. 40 km Entfernung, die man mit dem Hubschrauber überwindet, der Flughafen Neerlerit Inaat, von wo aus innergrönländische, aber auch auch Direktflüge nach Island starten. Über diesen Flughafen war wohl auch der Eislotse gekommen, den unser Schiff hier an Bord nahm. Auch die örtliche Polizei kam an Bord, um unsere Pässe abzustempeln.
Mit seinen vielen bunten Häusern, die scheinbar ungeordnet auf den weitgehend kargen und steinigen Hügeln stehen, sieht der Ort recht freundlich aus, vor allem, wenn die Sonne so intensiv scheint wie an diesem Tag (und überhaupt die ganze Zeit unserer Reise).
In Ittoqqortoormiit leben rund 350 Menschen, allerdings sinkt die Bevölkerungszahl kontinuierlich: bis 2006 hatte der Ort noch mehr als 500 Einwohner.
Landgang
Durch unseren Besuch hat sich die Zahl der Menschen für einige Stunden mehr als verdoppelt. Natürlich wurde zuvor gefragt, ab wir alle auf einmal den Ort überfluten dürfen.
Es ist lebhaft im Ort mit recht viel Verkehr, im Sommer sind hauptsächlich Quads, aber auch Autos unterwegs, obwohl Straßen eigentlich nur im Ort existieren und am Ortsrand im Nichts enden. Im Winter kommen die Schlitten zum Einsatz, die man überall geparkt sieht, überwiegend klassische, von Hunden gezogene, aber auch Motorschlitten. Mit den Schlitten kommt man sicher weiter als mit den Autos.
Die ansässigen Inuit gehen zum Teil ihrer traditionellen Jagd nach und dürfen auch eigentlich geschützte Tiere, wie Eisbären, jagen, wofür ihnen eine jährliche Quote zugestanden wird. Die Quote von 35 Eisbären war bei unserem Besuch schon erschöpft, weil es in diesem Jahr ungewöhnlich viele Eisbären gab, die sich der Siedlung genähert hatten.
Scoresby Sund
Gegen 16 Uhr verließen wir den Ort und fuhren weiter in den Scoresby Sund. Das Fjordsystem des Scoresby Sund ist das größte weltweit, mit seinem längsten Nebenarm erreicht es eine Länge von rund 350 km. Hier gab es bald richtig große Eisberge zu bestaunen. Einer der eindrucksvollsten maß 60 Meter über und rund 200 unter Wasser, da musste der Kapitän einmal drum herum fahren, damit alle schöne Fotos machen konnten. Und die Fata Morganen ließen sich auch wieder blicken.
Alle Fotos gegen 20 Uhr aufgenommenUnd selbstverständlich konnte ich auch an diesem Tag nicht umhin, vor Mitternacht noch einmal nach draußen zu gehen, um die Abendstimmung mit ihren besonderen Farben zu erleben und fotografisch festzuhalten.
An diesem Tag habe ich mir keine Vorträge angehört, mit Ausnahme der Informationen über den nächsten Tag. Schiffsführung und Expeditionsteam hatten als nächsten Outdoor-Programmpunkt vorgesehen, dass wir nach Bjørne Øer (Bäreninseln) fahren würden, um im dortigen „Eisbergfriedhof“ mit den Tenderbooten ein wenig zwischen den Eisbergen umher zu cruisen.
Später am Abend, als wir in der Explorer Lounge saßen und das Abendbier (Isbjørn von der Mack-Brauerei in Tromsø) genossen, gab es noch eine typische Kreuzfahrtbespaßung: Mitglieder des Servicepersonals führten Kunststücke im Handtuch- und Serviettenfalten vor, garniert mit ein par Zaubertricks.
Ich würde so gern ein Eisbär sein
Im Reisebericht zu Tag 2 bis 4 findest du auch ein paar Bilder deiner Möchtegern-Artgenossen. Übrigens: Wußtest du schon, dass die Eisbären eine schwarze Haut haben? Vielleicht sind sie mit den Kormoranen entfernt verwandt?
@ Kormoran: Dann würdest Du bald aussterben.
@ Vilmos: Wunderbare Farben in den Fotos der Abendstimmung.
Dass die Eisbären bald aussterben, ist wohl nicht so sicher. Sie können sich offenbar schneller anpassen als vermutet, so wurden im Norden Kanadas schon Eisbären gesichtet, die es den Braunbären gleichtun und an den Flüssen sitzen, um Lachse zu fangen. Sie z.B. Land’s End – Wo Eisbären Fische fangen …
Eisberge wie Kathedralen. Ich hatte ein Jugendbuch, in dem die Abenteurer diese Riesen als Beweis der übermächtigen Natur (und ihres baldigen Endes) bewunderten. Aber schmelzendes Eis macht einen ja ehr traurig heutzutage.
Ja, der mitreisende Schweizer Glaziologe aus dem Expeditionsteam sagte uns angesichts der dramatischen Eisschmelze: “Denken Sie dran, Sie machen eine Reise in die Vergangenheit”.