Im Blumenhof des Koblenzer Museums Ludwig steht – besser: liegt – unter den Bäumen am höchsten Punkt der Umfassungsmauer die Installation »Dépôt de mémoire et d’oubli« des französischen Künstlerpaars Anne und Patrick Poirier. Sie wurde eigens zur Gründung des Museums (1992) geschaffen, das sich schwerpunktmäßig der zeitgenössischen französischen Kunst widmet.
Das Museum selbst ist im Deutschherrenhaus untergebracht, der ersten Niederlassung des Deutschen Ordens im Rheinland, die Anfang des 13. Jahrhunderts gegründet wurde und dem Ort den Namen Deutsches Eck einbrachte. Heute bezeichnet man gemeinhin nicht mehr den ursprünglichen Ort sondern die Spitze des Landdreiecks am Zusammenfluss von Mosel und Rhein mitsamt dem darauf 1897 errichteten Denkmal mit diesem Namen.
Genau in der Blickachse zu diesem Denkmal, auf dem Kaiser Wilhelm I. Frankreich und dem Betrachter den Rücken zuwendet, liegt das schöne Ruinenfeld mit dem ins Deutsche übersetzten Titel »(Gedenk)Stätte der Erinnerung und des Vergessens«. Die zeitgenössische Installation der beiden Franzosen scheint die antikisierenden Formen der Marmorbruchstücke zu verwenden, um den Bogen zwischen Altem und Neuem zu schlagen. Sie spielen dabei auch mit der Mehrdeutigkeit des Wortes »Dépôt«, nur unzureichend mit »Stätte« übersetzt – ich hätte »Ablage« passender gefunden.
Das Werk lässt sich in die mit „Spurensicherung“ bezeichnete Kunstrichtung einordnen. Sie versucht mit Methoden, die an naturwissenschaftliche Forschung erinnern, verborgene Bezüge zwischen der Gegenwart und historischen Gegebenheiten aufzudecken und anschaulich zu machen, stellt aber gleichzeitig diese Wissenschaften, deren Mittel sie scheinbar einsetzt, in Frage. Dazu werden mitunter, so auch bei diesem Kunstwerk, fiktive Fundstücke eingesetzt. Auf solchen lesen wir hier: ocvlvs memoriæ, zeichen und sätze, worte sind schatten, finsternis, amnesie, mnemosyne, augenzeuge.
Und zwischen ocvlvs memoriæ und augenzeuge blickt uns das weiße, leere Marmorauge an.
Danziger Freiheit 1, 56068 Koblenz
0261 3040412
www.ludwigmuseum.org
Cornelius Holtorf: „Archäologie als Spurensicherung“
Jetzt weiß ich, dass Spusi nicht Teil der Kriminalistik sondern auch der Kunst ist und Koblenz mehr zu bieten hat als das deutsche Eck!
Um Koblenz sind wir bisher immer nur herum gefahren. Sieht so aus, als lohnte es, auch mal in die Stadt hinein zu gehen.