Kreuzberg Tower and Wings

Beim Vorbeifahren sind mir die drei Gebäude an der Charlottenstraße in Kreuzberg ins Auge gefallen, wahrscheinlich wegen der ungewöhnlichen Fassadengestaltung mit den »Augenbrauen« über Balkonen und Fenstern. Ich fand den Turm mit den beiden flankierenden Wohnhäusern so ungewöhnlich, dass ich angehalten habe, um ein paar Fotos zu machen (im Oktober 2009 aufgenommen).

Das Ensemble ist einer der Beiträge des amerikanischen Architekten John Hejduk zur IBA 1987 und wurde 1988 als öffentlich geförderter Mietwohnungsbau fertiggestellt. Die beiden fünfgeschossigen Bauten mit dem »umgedrehten Dach« bieten 48 familiengerechte Wohnungen in unterschiedlichen Größen. Der dazwischen stehende Turm hat 14 Stockwerke mit Atelierwohnungen für bildende Künstler – »Die Kunst will hoch hinaus« titelte die BZ seinerzeit zu Hejduks Plänen.

Kreuzberg Tower and Wings

Hejduk hat überwiegend theoretisch gearbeitet und nur eine Handvoll Bauwerke hinterlassen, davon aber gleich drei in Berlin. Hier hat er mit wenigen einfachen geometrischen Elementen gespielt und diese Häuser mit der sehr außergewöhnlichen Formensprache erschaffen. Bei seinen Berliner Werken hat der Architekt bei der Farbgebung ganz klar gegen den damaligen postmodernen Trend der Buntheit Stellung bezogen und sich für eine gedämpfte Farbpalette aus grau und grün entschieden, die er selbst als Hommage an den Berliner Himmel und die umgebende Stadtlandschaft beschrieben hat.

Nachdem die Gebäude jahrelang vernachlässigt wurden, unterzieht sie der neue Eigentümer, die BERLINHAUS Verwaltung GmbH, gegenwärtig einer Modernisierung, die mit satten Mietsteigerungen einhergeht, wie die Berliner Zeitung berichtet. Die Sanierung greift erheblich in das äußere Erscheinungsbild ein, vor allem was die Farbgebung und wesentliche Gestaltungselemente der Fassade angeht. Für den Erhalt der Fassadengestaltung nach den Ideen des Architekten läuft derzeit eine Online-Petition »Stop the disfigurement of John Hejduk’s Berlin Tower«, auf die ich gerne hinweise.

Mein Dank geht an Grit von Nicht winken! In der Großstadt!, die mich auf die Petition hingewiesen hat, so dass ich endlich den lang geplanten Bericht zu diesen Häusern geschrieben habe. Mehr Informationen zum Thema gibt es bei SLAB Magazine, architectureinberlin und Fantastic Journal.


Atelierturm
Charlottenstraße 96-98, 10969 Berlin

www.berlinhaus.de
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12 Antworten auf „Kreuzberg Tower and Wings“

    1. So ist es doch bei vielen betonierten Ideen. Die Entwürfe und Architektenzeichnungen sind leicht und duftig, aber dann.

  1. Bemerkenswerter als die Türme finde ich eigentlich diesen strahleblauen Himmel. Den hab ich in Berlin noch nie gesehen.
    Und vielen Dank für die Profillinkkorrektur!

  2. Also ich finds ja auch jammerschade, dass so eine besondere Gestaltung durch das Verwertungsinteresse der Investoren “beschädigt” werden soll. Das Ensemble war für mich immer etwas, das zum Innehalten angeregt hat, einfach weil es so sehr unkonventionell ist, Gewohntes auf den Kopf stellt. Und es hat trotzdem eine – wenn auch etwas sperrige – eigene, spannende Ästhetik.
    Und der Aufruhr der Architekturfreunde scheint auch ein bisschen was bewegt zu haben. Im Netz bemühen sich die Investoren von der Berlinhaus Verwaltung GmbH, Gesprächsbereitschaft zu signalisieren – das klingt schon ziemlich nach Zurückrudern:
    http://www.berlinhaus.de/index.php?id=7
    Was mich aber nervt an der Debatte, ist folgendes: Besonders war doch an den Gebäuden, dass eine anspruchsvolle, in gewissen Sinne exklusive Architektur hier für ganz normale Leute zugängig war. Sozialer Wohnungsbau eben. Und dass es auch der Soziale Wohnungsbau erst war, der so ein Objekt möglich gemacht hat. Denn welcher privater Investor hätte sowas je bauen lassen?
    Jetzt werden die bisherigen Mieter mittelfristig rausgeschmissen, denn die wenigsten werden sich die steigenden Mieten leisten können, und früher oder später kommt die Eigenbedarfskündigung. Dieser Wandel der sozialen Nutzung spielt aber in der Petition nicht mal eine untergeordnete Rolle, da wird nicht mal drauf hingewiesen. Das finde ich enttäuschend, und ich werde daran erinnert, dass Vorurteile von kunstweltlichen, von der realen sozialen Welt abgehobenen Architekten doch auch immer wieder zu stimmen scheinen.

    1. As somebody involved in the campaign and one of the people who organised the petition, I wanted to answer to the above comment. That the petition doesn’t deal with the rent increases is deliberate, and does not at all represent a lack of interest or engagement on the part of campaigners in this issue at other levels and in other forms. It is just that the causes behind, scope of and solutions to this economic problem are very different to those driving the willful defacement of the architecture, and therefore the means by which they are to be addressed, and indeed the addressees, are not the same. The Berlin Body Politic, which has run away from its financial responsibilities in supporting social housing and has facilitated both through wholesale asset stripping and the manner in which the financial framework of social housing has been systematically dismantled the alarming rent increases we are seeing in social housing right across the city. That the IBA-Erbe is largely made up of social housing in central areas of Berlin puts it even more under pressure.

  3. die hasuverwaltung,dieses ensembles schert sich ein dreck um die mieter.notwendige instandhaltungen,in den wohnnungen,werden garnicht,oder erst nach mehrmaliger anfrage gemacht!
    die miete z.b 51 qm ist bei mir,beispilesweise 2010 von 470 auf 600 angestiegen.angekündigt wird eine anhebung,für meine wohnung auf 900 € bis ende 2011.
    im letzten jahr,musste 1.drittel der bewohner ausziehen.im haus gegenüber,wurde die miete noch drastischer erhöht.im haus gegenüber,wohnt noch eine famillie.die muss raus,weil dort,ein hotel,oder ähnliches entstehen soll.
    top wohnlage? quaatsch.ich wohne hier seit 14 jahren.man hat wirklich nicht das gefühl,als wohne man,in einer guten gegend.300 meter weiter,okay,da ist der checkpoint.aber wie weit,soll sich die city noch ausbreiten.die sozial schwachen,sollen mal wieder nach hellersdorf,oder sonst wohin verschwinden.
    da bedient mal wieder einer,das klischee,nach den geldgierigen …..
    meine rechtschreibung? drauf geschissen!!

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