Schlesisch Blau

An einem warmen Sommerabend könnte man sich im Schlesisch Blau, zumindest wenn man draußen platzgenommen hat, geradezu im Urlaub in Neapel oder in einer anderen süditalienischen Stadt wähnen. Die Tische stehen auf dem Bürgersteig direkt neben der Bushaltestelle, alle zehn Minuten hält ein Bus direkt vor dem Lokal und entlässt seine Fahrgäste fast zwischen die Speisenden. Der Berliner Feierabendverkehr auf den vielen sich kreuzenden Straßen am Schlesischen Tor komplettiert die Stimmung, indem er einen dazu passenden Lärmteppich liefert. Aber wer gelegentlich mittags schon mal im Café am Park is(s)t, kann dadurch nicht wirklich geschockt werden.

Ich war mit einer größeren Gruppe von Berliner Qypern zur Berliner Stattnacht hier, und wir waren durchaus glücklich mit der Tatsache, dass wir an einem langen Tisch draußen platziert wurden, denn im recht kleinen Gastraum war die Temperatur am späteren Abend doch unangenehm hoch und die Luft etwas stickig.

Das Schlesisch Blau verfolgt ein für Berlin eher ungewöhnliches Konzept: man bestellt nicht à la carte, sondern isst, was auf den Tisch kommt, nämlich ein Menü aus vier Gängen zum Einheitspreis von 15 €. Bei Vorspeise und Hauptgang hat man in der Regel die Auswahl aus mehreren Gerichten, die komplette Speisenfolge des Abends zeigt eine Tafel im Gastraum. Das Gute an diesem in Italien durchaus üblichen »menù fisso« ist, dass dabei auch Speisen abseits der schnellen Pfannengerichte auf den Tisch kommen, die sich nur in größeren Mengen vernünftig kochen lassen, wie z.B. ein anständiger Braten.

Als ich hier war, gab es bei der Vorspeise die Wahl zwischen Spargelsuppe und einer sehr guten, frischen Erbsen-Minze-Suppe, die man sich selbst im Gastraum holte. Zum anschließend gereichten Salat kam ein große Auswahl unterschiedlicher Essige auf den Tisch. Beim Hauptgericht konnten wir zwischen Haxe mit Semmelknödeln und Kraut, Lamm mit Ratatouille, Zwiebelrostbraten mit Pommes Dauphines und Sauerbraten mit Gemüse wählen, ein Cassoulet – meine ich mich zu erinnern – war auch im Angebot. Zum Abschluss bekamen wir eine köstliche Obsttarte. Mein Zwiebelrostbraten samt Beilagen war sehr gut, derweil ich Klagen am Tisch hörte über den Sauerbraten und die als gar nicht so toll empfundenen Semmelknödel. Mir hat es sehr gut gefallen und für den aufgerufenen Preis bekommt man auf jeden Fall eine ausgezeichnete Gegenleistung.

Ergänzt wird das Menu von einem kleinen aber feinen Angebot an Weinen, die der Chef persönlich an den Tisch bringt und ausführlich und liebevoll erläutert. Neben einigen offenen Weinen, die ich nicht probiert habe, gibt’s als Bier Andechser vom Fass.


4birnen

Schlesisch Blau
Köpenicker Straße 1a, 10997 Berlin

0172 4376667

Montag und Mittwoch bis Samstag ab 20:00 Uhr Vier-Gänge-Menü
Dienstags Weinbar mit Verkostung

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6 Antworten auf „Schlesisch Blau“

  1. Das Lamm-Cassoulet (!) war eher ein Lammragout mit weißen Bohnen und als ein solches zart und aromatisch. Mir hat das Essen insgesamt ausnehmend gut geschmeckt, der Preis ist mehr als fair und das Ambiente unübertroffen. Sehr gerne habe auch ich dem Wirt bei der Beschreibung seiner Weine zugehört.

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  3. Mich erinnert dieser schöne Beitrag an ein Mittagessen in Mailand. Einer meiner Begleiter wollte unbedingt ein Steak haben. Der Wirt sagte: „Das kriegst du, das isst du aber draußen auf der Straße.“

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