Mit strahlend weißer Fassade erhebt sich der rechteckige Baukörper der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum über einem weitläufigen Hof, der von dunklen Mauern eingefasst ist. Gebaut wurde die Kirche 1960 bis 1963 als „Gedächtniskirche der deutschen Katholiken zu Ehren der Blutzeugen für Glaubens- und Gewissensfreiheit in den Jahren 1933–1945“. Den Entwurf für die Gedenkkirche lieferten der Würzburger Dombaumeister Hans Schädel und der Architekt Friedrich Ebert.
Das Kirchengebäude besteht aus zwei im 90°-Winkel zueinander angeordneten Quadern. Der kleinere untere, ebenerdig liegende beherbergt Eingang und Treppe sowie dahinter die Unterkirche oder Krypta. Auf ihn stützt sich mit seiner linken Seite der größere obere Quader ab, in dem sich die Oberkirche befindet. Deren Außenseiten sind mit Waschbetonplatten mit weißen Kieseln aus Carrara-Marmor verblendet. Rechts liegt der Quader der Oberkirche auf der Umfassungsmauer der Hofs, über die er deutlich hinauskragt.
Feierhof
Die Kirche steht im hinteren Teil eines großen, rechteckigen Platzes, Feierhof genannt, der zur Kirche hin leicht abfällt. Flache Stufen verlangen einen langsamen Schritt. Schon mit dem Betreten des Hofs umfängt einen die ganz besondere Atmosphäre dieses Orts.
Die Begrenzungsmauern des Feierhofs sind ebenso wie die Wände des unteren Quaders mit Waschbetonplatten mit dunklem Basalt-Bruchstein verkleidet. In der rechten, zur Straße gelegenen Ecke des Platzes steht abseits der Kirche der Glockenturm, sein Portal bildet gleichzeitig den Eingang zum Hof. Hier beginnt auch der Kreuzweg, der sich die Begrenzungsmauer entlang zieht. Er erstreckt sich bis zur Oberkirche, unter der sich ein Freialtar befindet, so dass Gottesdienste auch im Freien abgehalten werden können. Freialtar und Kreuzweg sind Werke des Bildhauers Otto Herbert Hajek.
Apokalyptische Madonna
Über dem Eingang zur Kirche hängt die Skulptur Apokalyptische Frau von Fritz Koenig an der ansonsten schmuck- und fensterlosen Fassade. Die fünf Meter hohe Figur aus vergoldeter Bronze besteht entsprechend der biblischen Vision in der Offenbarung des Johannes (Offb 12,1-6) aus drei Bildmotiven: in der unteren Zone der siebenköpfige Drache, darüber die Frau, die gebären wird, auf der Mondsichel stehend, und die Strahlen der Sonne als Krone darüber.
Oberkirche
Geht man die Treppe hinauf, so sieht man als erstes die Taufkapelle. Ein rechteckiger Raum mit Wänden aus rohem Beton, die hier allerdings ebenso vergoldet sind wie die Wand vor der Pietà in der Unterkirche. In der Mitte steht ein schlichter runder Steinblock, der das Taufbecken trägt.
Genauso schlicht wie die Außenseite ist auch das Innere der Kirche gehalten: roher Beton lässt die Struktur der Schalbretter deutlich erkennen. Gegliedert sind die Seitenwände durch die unterschiedlichen Laufrichtungen der Verschalung sowie eine leichte Tiefenstaffelung ganzer Rechtecke von Schalbrettern. Die Beleuchtung der Kirche erfolgt ausschließlich indirekt: Das Licht fällt sowohl von oben als auch von vorne und hinten entlang der Längsseiten in den Raum. Dieser Lichteinfall bewirkt mit der Strukturierung der Wände eine Dreidimensionalität.
Die Ostseite der Oberkirche beherrscht ein übergroßes Altarbild von Georg Meistermann, das die gesamte Fläche der Stirnseite einnimmt. Kontrastiert wird es von einer mittelalterlichen Madonna mit Kind an der rechten Seite. Altar und Kanzel sind schlichte Kuben aus Stein.
An der Westseite befindet sich über dem Treppenaufgang die Orgelempore. Dahinter liegt eine kleine Beichtkapelle, über deren Altar eine Skulptur des Schmerzensmanns steht. Gerade durch die Schlichtheit des Raums wirkt diese mittelalterliche Plastik besonders eindrucksvoll.
Unterkirche
Tritt man in das Bauwerk ein, so bestimmt die breite zur Oberkirche führende Treppe den Raumeindruck. Links und rechts dieser Treppe gelangt man zur Krypta, zu der drei Stufen hinabführen. Zunächst betritt man einen Vorraum, der der eigentliche Gedenkort der Kirche ist. Vor einer vergoldeten Wand aus Sichtbeton steht eine Pietà von Fritz Koenig, davor sind drei Grabplatten in den Boden eingelassen.
Die auf den Grabplatten namentlich genannten Blutzeugen stehen stellvertretend für die vielen, oft gar nicht namentlich bekannten Opfer der nationalsozialistischen Diktatur. Davon kündet insbesondere die mittlere Platte mit der Inschrift: „Allen Blutzeugen, denen das Grab verweigert wurde; allen Blutzeugen, deren Gräber unbekannt sind.“
Auf der rechten Grabplatte wird Erich Klausener, Vorsitzender der Katholischen Aktion in Berlin, benannt, den die Nazis bereits 1934 ermordeten. Sein Urnengrab befindet sich unter der Gedenkplatte.
Auf der linken Platte wird der Berliner Domprobst Bernhard Lichtenberg genannt, der sich schon früh für die von der NS-Dikatatur Verfolgten – gleich welchen Glaubens – eingesetzt hat. Das linke Grab birgt die Überreste von Bernhard Lichtenberg.
Als weiteren Namen erhielt die linke Gedenkplatte später den des Jesuitenpaters Alfred Delp. Er war Mitglied der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis, die Nazis henkten ihn 1945 in Plötzensee und verstreuten seine Asche in alle Winde. Anfang 2013 kam mit Helmuth James von Moltke ein weiterer Name hinzu. Auch von Moltke, Mitgründer der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis, wurde 1945 im Hinrichtungsschuppen von Plötzensee ermordet. Ihn verband eine tiefe Freundschaft mit Delp, die sich in der gemeinsamen Gefangenschaft in Berlin-Tegel über die konfessionellen Grenzen hinweg – Moltke war protestantischer Christ – entwickelt hatte.
Als zweiter Raum in der Krypta liegt fast versteckt hinter der vergoldeten Wand ein kleiner Gebetsraum, in dem sich die Karmelitinnen des angrenzenden Klosters dreimal täglich zum Chorgebet einfinden.
Nur wenige Schritte entfernt liegt das evangelische Gemeindezentrum Plötzensee, ebenfalls eine Gedenkkirche. Beide sind unweit der Gedenkstätte Plötzensee gelegen. Wenn die Kirche geschlossen ist, erhält man gleich nebenan im Klosterladen den Schlüssel, ebenso wie den zum evangelischen Gemeindezentrum mit dem Totentanz von Alfred Hrdlicka.
Maria Regina Martyrum ist eine der eindrucksvollsten Kirchen, die ich je besucht habe. Sie ist ein wahres Gesamtkunstwerk: Architektur, Malerei und Plastik ergänzen sich auf wunderbare Weise. Selbst wenn man nicht gläubig ist, kann man sich der Mystik dieses Gedenkortes nicht entziehen.
Heckerdamm 230,
Berlin-Charlottenburg
gedenkkirche-berlin.de
Das ist wirklich ein eindrucksvoller Kirchenbau, danke sehr für den Tip. (Und so schön die Bilder sind – wenn man drinsteht, ist es noch mal eine ganz andere Sache.)
Ich liebe diese mittelalterliche Skulpturen und finde die gesamte Kirche wirklich sehr schön. Das darf ich bei meinem nächsten Berlin-Besuch nicht vergessen!
Wir gehen sehr gerne noch einmal mit Dir in diese schöne Kirche, Du musst nur nach Berlin kommen. Bald, bitte!
Ja, das muss sein. Unsere Herbstferien sind in der Woche vom 1. November, seid Ihr dann in Berlin?
Ja, im November sind wir hier.