Kraftlos und schwerbeschädigt steht das Kraftwerk Oberhavel da. Dass hier fast hundert Jahre lang unvorstellbar große Mengen Kohle in Elektrizität verwandelt wurden, davon wird man bald nichts mehr sehen können.
Schon Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete man hier das „Kraftwerk Spandau“, das aber im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und danach demontiert wurde. 1961 weihte Willy Brandt das Kraftwerk Oberhavel als Nachfolger ein. Schon 2001 ging es jedoch mit seinen beiden 100 MW-Blöcken außer Betrieb. Zunächst sollte es als „kalte Reserve“ dienen, nun wird es vollständig weichen müssen.
In den 1970er Jahren, als man es als selbstverständlich erachtete, Energie maßlos zu verbrauchen, und Umweltschutz noch kein Thema für die Politik war, gab es Pläne für ein Riesenkraftwerk mit bis zu 1200 MW Leistung. Und das zu Zeiten, als West-Berlin jede Kilowattstunde auf eigenem Territorium aus von außen zugeführten Brennstoffen herstellen musste. Erst wollte der Senat dazu das Kraftwerk Oberhavel um mehrere Blöcke erweitern. Im Oktober 1976 beschloss er stattdessen, das Projekt auf einem einige hundert Meter weiter nordöstlich gelegenen Waldstück zu realisieren. Ausschlaggebend für den neuen Standort war wohl die Hoffnung, dass die abseitige Lage dicht an der Zonengrenze zu weniger Protest führen würde.
Nicht zuletzt verhinderten jedoch heftige Proteste aus der Bevölkerung und von Umweltschützern diese Pläne, siehe dazu auch den Artikel Ein historisches Urteil: Wald ist auch was wert. Auch der im Rahmen der Aktionen der Bürgerinitiative Kraftwerk Oberhavel/Oberjägerweg gegen einen Kohlekraftwerksbau im Spandauer Forst entstandene Song Oberjägerweg-Blues kündet vom Protest gegen dieses Großprojekt.
Mit dem Abriss bietet sich die einmalige Gelegenheit, in die Eingeweide des Kraftwerks zu schauen.
Für einige hat der Abriss aber auch unerwünschte Konsequenzen, so wird zum Beispiel die Akademische Rudergesellschaft zu Berlin an der Spandauer Heerstraße die Aussage „Bei uns wird das ganze Jahr gerudert – Kraftwerk Oberhavel macht’s möglich!“ aufgegeben müssen. Im Titelbild zu diesem Beitrag sieht man eines ihrer Ruderbote vor dem Kraftwerk.
Nachtrag 2019
Im Energie-Museum Berlin gibt es ein Bild sowie ein Modell des Kraftwerks Oberhavel zu sehen:
Papenberger Weg 10-20, 13587 Berlin
Öffnungszeiten: Nie mehr
Als 8 jähriger muss ich wohl irgendwelche Holzhütten im Spandauer Forst gesehen haben, die zu den Kraftwerksgegnern gehörten. Bürgerinitiative Kraftwerk Oberhavel!! Alles im Nebel meiner Kindheit. Im Forst habe ich mein halbes Leben immer wieder schöne Zeiten gehabt.
OLIVER Diezmann
Nachdem das Kraftwerk abgerissen wurde, blieb einzig eine Villa auf dem Grundstück stehen (siehe ganz rechts im Bild oben!), die nach und nach verwilderte, bis sie schließlich Anfang 2014 abgerissen wurde. Glücklicherweise gibt es einen Amateur-Kurzfilm bei YouTube, der eine kleine, gruselige Geschichte über die Villa erzählt: https://www.youtube.com/watch?v=KRw_MbsB2C4&t=2s
Mein Grossvater war Meister bei dem Kraftwerk waehrend der Kriegszeit und hat mit seiner Familie dort im Villa gewohnt.
Der TÜV Berlin e.V. hatte hier auch immer gut zu tun. Ich selber war dort auch einige Male mit ZfP im Einsatz.