Der Architekt Hans Heinrich Müller hat uns in Berlin etliche bemerkenswerte Industriebauten hinterlassen, alle aus der Zeit um 1920, als die Erzeugung und Verteilung elektrischer Energie Berlin zur europäischen Elektropolis gemacht hatte. Viele dieser Bauten, die ehemals die Bewag erbauen ließ, werden heute wegen der technischen Weiterentwicklung nicht mehr benötigt und neuen Verwendungszwecken zugeführt, was nicht immer ganz einfach ist.
So war es auch mit dem Humboldt-Umspannwerk auf der Kopenhagener Straße in Prenzlauer Berg (nicht zu verwechseln mit dem Umspannwerk an der Kopenhagener Straße in Wilhelmsruh, das ebenfalls von Müller entworfen wurde). 1993 ging es außer Betrieb und wurde für verschiedene Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt, so war hier u.a. auch die Berliner Außenstelle des Vitra Design Museums unterbracht. Seit 2006 stand es leer.
2007 kaufte der kanadische Investor Michael Tippin das Umspannwerk für fünf Millionen Euro von Vattenfall. Bis 2010 soll das Industriedenkmal wieder auf Vordermann gebracht werden und verschiedenen Nutzungen zugeführt werden. Gastronomie, Clubs und Bars, Veranstaltungsräume und Büro-Lofts sollen entstehen – Platz genug sollte das große Gebäude schon haben.
Das Umspannwerk gleicht einer gewaltigen, ganz aus Ziegelstein errichteten Festung, die von zwei Türmen gekrönt wird. Die äußere Gestaltung wird dominiert durch glatte Flächen, die durch strenge Fensterbänder gegliedert werden. Sachlich und zweckmäßig kommt der Bau daher, lediglich an den Dachsimsen sind aus Ziegelstein kunstvoll gemauerte Verzierungen angebracht.
Das sorgfältige Handwerk und die architektonische Qualität werden besonders im Innern des Komplexes offenbar, wo der ovale Rundturm, der einst das Kontrollzentrum des Abspannwerks beherbergte, einen markanten Kontrapunkt zu den umgebenden rechteckigen Gebäuden setzt. »Das Runde muss ins Eckige« wurde hier mal anders umgesetzt.
Virtuell kann man das Umspannwerk auf der Homepage des Investors Tippin besuchen, dort ist unter anderem auch eine 3D-Animation zu sehen.
Nachtrag 2010
Das Architekturbüro Fuchshuber Architekten bekam den Auftrag für den Umbau des Industriedenkmals und passte es heutigen Nutzungsanforderungen an. Im Herbst 2010 war die Restrukturierung abgeschlossen, und der E-Commerce Fashion Retailer Zalando mietete die gesamte entstandene Bürofläche von fast 12.000 qm.
Nachtrag 2015
Tippin hat den Gebäudekomplex im Frühjahr 2015 für 22 Millionen Euro an den Investor Signature Capital verkauft. Schon 2014 hatte der bisherige Hauptmieter Zalando begonnen, seinen Hauptfirmensitz an andere Standorte zu verlagern.
Kopenhagener Straße 56, 10439 Berlin-Prenzlauer Berg
Eintrag in der Berliner Denkmaldatenbank
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